Allgemeiner Politik Thread

Dieses Thema im Forum "Archiv - Off Topic" wurde erstellt von Niedersachse, 15. November 2008.

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  1. Werder-Bär

    Werder-Bär

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    @Schimmelreiter: Die Partei hat es mit tollen Versprechen geschafft. Wo die Ausführung solcher bleibt...:confused:
    Ich sag nur Steuererleichterung. Wurde seltsam ruhig um dieses Thema. :wild:

    Und Westerwelle soll sich mal um seine Arbeit kümmern. Der ist Außenminister und hat mit Solzialem soweit ich weiß genauso wenig zu tun, wie ich mit dem Direktorposten an meiner Schule.
     
  2. Keine Partei hält ihre Wahlversprechen gänzlich ein. Keine. Liegt oft an der nicht Vereinbarkeit der Parteiinhalte in Koalitionen, aber auch daran, dass nach Wahlen erstmal ein hebel umgelegt wird und eine Partei Schwerpunkte setzt.

    Beispielsweise die Finanzierbarkeit von Röslers Gesundheitsprämie, die daran scheitert, dass außer den Steuersenkungen alles was Geld kostet in Berlin erstmal tabu ist.

    Die FDP hat im Wahlkampf ein "Allesbessermachenwollen-Selbstbild" offenbart. Das muss eine Partei im Wahlkampf auch haben. In disem Fall war das eine naive Art und Weise, die jetzt abgestraft wird.
     
  3. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Da muss ich ja die FDP ausnahmsweise in Schutz nehmen: Dass es die Steuererleichterungen nicht in dem Maße gibt, wie sie es gerne hätte, liegt eher an der Geistesgegenwart des Koalitionspartners. Dass dieser sich nämlich nicht auf diese wahnwitzige Voodoo-Ökonomie der FDP einlässt ist ein Segen. Bezeichnend, dass die FDP sich angesichts der Umfragewerte in NRW sogar von der Prüfung von Steuerleichterungen nach Aufstellung der Steuerschätzung verabschiedet hat und nun einfach ohne irgendeine Form von Gegenfinanzierung oder einer Idee des daraus resultierenden Steueraufkommens die Steuern senken möchte, damit das noch ein paar Wähler lockt. Man kann schwerlich weniger offensichtlich verantwortungslos mit einem Land umgehen.

    Ich habe vor der Wahl gesagt, dass sich durch Wachstum selbst finanzierende Steuersenkungen Schwachsinn sind und ich bleibe dabei, auch wenn ich bei der monatlichen Gehaltsabrechnung angesichts der Steuern und Abgaben Tränen in den Augen habe, dass wir angesichts einer Rekordverschuldung nicht ohne Sinn und Verstand Steuergeschenke verteilen dürfen.
     
  4. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Erstens soll mir mal einer den Vorwurf der Klientelpolitik belegen:

    Wenn jemand das Beispiel der Ermäßigung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen nimmt, dann ist das an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Es war ein SPD-Finanzminister, der dies über Brüssel zunächst einmal ermöglicht hat. 21 von 27 Mitgliedsstaaten der EU haben dann davon Gebrauch gemacht. Da wir Deutschland in keinem abgeschotteten Markt leben, ist es durchaus sinnvoll die Mehwertstseuersätze anzugleichen. Zudem war diese Forderung, wie bereits erwähnt, auch Bestandteil der Wahlprogramme von SPD und "Die Linke".

    Man hat über das so genannte Wachstumsbeschleunigungsgestz die steuerlichen Freibeträge für Kinder angehoben und gleichzeitig das Kindergeld pro Kind um 20 Euro erhöht. Familienpolitik ist gleich Klientelpolitik?

    Man hat die Unternehmensnachfolge erleichtert, in dem man Geschwister und Geschwisterkinder nicht mehr so behandelt wie irgendwelche Fremde.

    Zudem muss man einfach mal sagen, dass man wohl kaum in knapp mehr als 100 Tagen all das wieder gerade biegen kann, was Rot/Grün und Schwarz/Rot in 11 Jahren verbockt haben.

    Im Übrigen wird man IMHO die Staatsfinanzen nicht in den Griff bekommen, in dem man lediglich auf die Einnahmeseite schaut. Es ist eine Verwaltungsstrukturreform auf allen Ebenen des Staates von Nöten. Gleichzeitig muss das gesamte Sozialversicherungssystem reformiert werden. Ein System was darauf ausgelegt ist, dass es immer immens mehr Beitragszahler als Leistungsbezieher gibt, kann schlicht nicht mehr funktionieren, bei dem Wandel, der sich in unserer Gesellschaft vollzieht.
     
  5. Das ist aber ein ziemlich festgefahrerner Standpunkt.


    Die Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen läuft über eine Mischung aus Sparkurs und klugen Investitionen. Die Vorstellung, die Wirtschaft durch Steuersenkungen zu beleben, ist naiv. Wenn es so einfach wäre, wäre es längst regelmäßiger gemacht worden. Solche Finanzgötter hocken nämlich nicht in der FDP, dass dabei finanzpolitische Konzepte rauskommen, die derart genial sind wie die FDP es glaubt.
    Vereinzelt klingt aus der FDP auch ein Anspruch des Keynesianismusses durch. Dabei ist die Wachstumsbeschleunigung mal überhaupt nicht keyniesianisch.
     
  6. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Was hätte man denn in hundert Tagen alles an Gesetzen verabschieden sollen? Solche Schnellschüsse wie Hartz-Gesetze, die eine gesetzgeberische Katastrophe sind.

    Im Übrigen ist klar, dass sich Steuersenkungen nicht zu 100% selbsfinanzieren. Soweit ich das im Wahlkampf mitbekommen habe, hat Herr Solms auch immer gesagt, dass sich ca. 1/3 selbst finanzieren könne, was auch den Aussagen der meisten Wirtschaftswissenschaftler entspricht.

    Was aber hinter Steuersenkungen steht, ist zunächst mal ein andere Staatsverständnis. Ypps sprach eben auch von "Steuergeschenken". Wusste gar nicht, dass wir in einem Obrigkeitsstaat leben, in dem alles dem Staat gehört und er dann großzügiger Weise seinen Untertanen nen bisschen etwas lässt. In erster Linie gehört das Geld nämlich dem Bürger und ihm davon mehr zu belassen, was ihm eigentlich ohnehin gehört, ist kein "Geschenk".

    Wenn wir nicht zu mehr Leistungsgerechtigkeit kommen, dann werden wir beispielsweise in vier Jahren ein massives Problem im Gesundheitssystem haben: Uns werden mehere tausend Krankenhausärzte fehlen, da die Ärzte in anderen EU-Länder schlicht besser verdienen und das bei kürzeren Arbeitszeiten.
     
  7. Über Staatsverständnisse kannst du ewige Grundsatzdiskussionen führen, das ist eine reine Meinungsfrage.


    Zu der Leistungsgerechtigkeit: Dass Ärzte in Deutschland unterbezahl sind, lässt sich mit der Argumentation der Leistungsgerechtigkeit totprügeln. Man kann aber feststellen, dass das ein grundsätzliches Problem ist. Die Phrase, dass Leistung gerecht entlohnt werden soll, hilft erstmal gar nichts. Andere setzen sich für höhere Ärztegehälter ein, indem sich die einfach vorantreiben sollen und zudem den Gesundheitssektor stärken. Das geht auch ohne FDP.
    Zudem deren Begriff der Leistungsgerechtigkeit sowieso nur Teilausschnitte betrachtet. Manche Leute verdienen gemessen an ihrer Leistung viel zu wenig, ohne bei der FDP auf der Tagesordnung zu stehen, weil sie auf den ersten Blick nicht für den Staatsaufschwung notwendig sind (wohingegen Ärzte eine sehr große bedeutung für Gesundheitsfinanzpolitik haben).
    Das nennt sich dann "Leistngsgerechtigkeit". De facto geht es weniger um eine "moralische Gerechtigkeit", sondern um den in diesem Ansatz utopischen Aufschwung, der durch Wirtschaftspolitik erreicht werden soll, die mit diesem Grundsatz gerechtfertigt wird.
     
  8. Felissilvestris

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    Aber eigentlich steht lt. unserem Grundgesetz schon noch fest, dass alle Macht vom Volke ausgeht und nicht von einem abolutistischen Herrscher!?

    Übrigens waren die Ärzte nur ein Beispiel. Das Grundsatzproblem wird sein, dass Deutschland, eine ähnliches Abwanderung von Fachkräften erlben wird, wie die DDR in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wenn wir nicht gegensteuern. Jeder, der eine gute und anstrengende Ausbildung hinter sich hat, leistungesbereitschaft zeigt, der wird dafür auch entsprechend entlohnt werden wollen. Und zwar Netto und nicht Brutto. Das Problem daran ist, dass auch gerade diese Leute die größte Flexibilität an den Tag legen.
     
  9. Dass die Macht vom Volke ausgeht steht ja auch nirgendwo angefochten. Es stand aber nirgendwo, dass das Geld den Bürgern gehört. Der Staat hat zwar, wie es für heutige kapitalistische und auch westliche Staaten typisch ist, wenig Besitz im Volk, unterhält aber gewisse Apparate, Einrichtungen und gewährleistet soziale Fürsorge. Und dafür zahlen die Bürger Steuern. Und wo die ermäßigt werden, wird gespart - oder eben verschuldet.


    Und du hast es selber gesagt: Wer eine gute Ausbildung hinter sich hat wird entsprechend entlohnt. Abwanderung von Fachkräften muss kompensiert werden.
    Als Gegenbeispiel bringe ich Krankenpfleger. An denen hängt das Gesundheitssystem in großen Teilen. Die sind in Deutschland sehr gut ausgebildet und haben meistens auch eine gute Schullaufbahn durchlaufen, gehören aber nich zu den Akademikern, denen die FDP-Politik entgegen kommt. Für die wird aber wenig getan. Und das zeigt: Es geht primär um die wirtschaftliche Konjunktur, die durch die Steuersenkungen herbei geführt werden soll, denn in der hängt ein Arzt mehr drin als ein Krankenpfleger.
     
  10. Felissilvestris

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    Richtig. Streitet ja auch keiner ab. Es ist nur verwunderlich, dass trotz Rekordeinnahmen noch vor zwei (drei?) Jahren, trotzdem die Verschuldung in der Zeit nicht gesenkt haben. Vielmehr sind die Ausgaben den Einnahmen gefolgt. Man hat die Ausgaben erhöht.
    Gleichzeitig bietet der Staat eigentlich kaum noch Dienstleistungen an, die in einem vernünftigen Verhältnis zur Steuerbelastung stehen. Erstens bezahle ich für fast alle staatlichen Dienstleistungen, welche in Anspruch nehme Extra. Eltern müssen heute die Klassenzimmer ihrer Kinder selbst streichen. Straßen sind Deutschland teilweise in einem wirklich miesen Zustand. Fahrradwege werden zurückgebaut, weil sie nicht mehr Unterhalten werden können und einen Winterdienst für Fußwege gibt es auch nicht. Man kommt, obwohl man den Bürger immer mehr zu Kasse bittet, nicht mal mehr den Verkehrssicherungspflichten nach.


    Man wird die Abwanderung nich kompensieren können. Zumindest nicht durch Fachkräfte. Deutschland erlebte in den letzten 20 Jahren lediglich eine Zuwanderung in die Sozialsystem. Die Zuwanderung von Fachkräften ist absolut marginal. Warum soll auch jemand nach Deutschland kommen, wenn er es in den Niederlanden, GB, Norwegen, Kanada bzw. selbst in Brasilien mittlerweile besser hat als hier.

    Im Übrigen gerade auch der Krankenpfleger würde durch die Steurreform, massiv entlastet. Meine Frau erzielt ein ähnliches Einkommen und wir würden nach dem FDP-Konzept überhaupt keine Einkommenssteuern mehr bezahlen.
     
  11. Werder-Bär

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    Das wäre schön, wenn es so wäre. Warum aber werden dann vorraussichtlich bis zu 50% aller derer, die in bayern derzeit Lehramt studieren keinen Job bekommen und stattdessen nur HartzIV. Ist das der Lohn, dass man sich 13(bald nur noch 12) jahre in die Schule setzt, nochmal einige Nerven und Zeit für Studieren und Ausbildung gibt um dann zum Stempeln zu gehen.
    Womit wir wieder dabei wären. Wollen die dann nicht arbeiten, weil sie HartzIV bekommen?
     
  12. Felissilvestris

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    In Deutschland werden aber andernorts derzeit ne menge Lehrer gesucht. Baden-Württemberg hat selbst in Bremen, um Lehrer geworben.
     
  13. Werder-Bär

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    Bayern bräuchte auch einige Lehrer mehr. Aber aus Sparmaßnahmen gibt es eben keine mehr. Einstellungsstop. Die Bildung braucht ja kein Geld. Lieber schiebt man es gewissen Banken ......:wall:

    Dann haben wir aber auch mal wieder so ein Problem, dass ein lehrer in Bremen eine andere Ausbildung hat als in BW. Könnte man so etwas nicht einheitlich gestalten? :stirn:
     
  14. @felissilvestris: Falsche Investition von Steuergeldern fallen auch mir oft auch, das ist echt ein großes Problem. Ich glaube sogar, dass Leute bereitwilliger Steuern zahlen würden, wenn man dann sieht, dass das Kind dafür einen sicheren Kita-Platz hat, an dem das Kind gut betreut wird, man das Kind auf einen guten Radweg zur Schule begleiten kann und ich den Farbeimer künftig nur noch für Hausrenovierungen raushole.
    Das Problem ist aber grundsätzlich, hängt nicht mit der FDP zusammen. Da stört sich in bestimmten Bereichen jeder dran, egal zu welcher Partei er gehört, sofern er ein gescheiter Politiker ist.

    Der Krankenpfleger profitiert zwar von der Steuerreform, weil er mehr Geld behält. Trotzdem schiebt er morgen noch ein paar Betten mehr, weil ihm immer noch die Arbeitskollegen fehlen, da der Sektor zu unterbezahlt ist. Du machst nicht jeden Menschen mit mehr Bretto vom Nutto glücklich.


    @werderfan: Darum geht es nicht. felissilvestris hat gesagt, dass jemand mit entsprechender Qualifikation leistungsgerechter bezahlt wird. Darauf mein Einwand, dass dies nur für die gelte, nicht für Nichtakademiker. Dass es auch dort welche gibt, die arbeitslos sind, ist natürlich so, aber nicht Inhalt des Zitates gewesen.
    Die 50% wage ich aber anzuzweifeln.

    Und die Föderalismusreform war und ist Mist, Bildung ist Bundessache.
     
  15. Werder-Bär

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    Bildung sollte eigentlich Bundessache sein. Besser wäre es. :tnx:

    Tut mir Leid wenn ich das falsch interpretiert habe.

    Ob die 50% stimmen, kann ich dir nicht sagen. Habs von meinem Deutschlehrer gehört. Ob der zuverlässig ist?!
     
  16. Felissilvestris

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    Lehrer bräuchte man glaube ich in allen Ländern mehr. Kenne die Finanzsituation in Bayeren nicht, aber auf dem Sektor Bildung sollte schon Schwerpunkt liegen. Aber in Bremen fehlen auch Lehrer und Polizisten.

    Was die Banken angeht, so muss man sagen, dass ich mir konsequent gewünscht, man hätte die pleite gehen lassen, die Misswirtschaft betrieben haben. Punkt aus!


    Das ist halt dem Föderalismus geschuldet. Finds auch nicht vernünftig.
     
  17. Die Chancen im Lehrerberuf sind extrem schul- und fachabhängig.
    Naturwissenschaften sind super. Hauptschullehrer auch.

    Deutsch ist hingegen ein undankbares Fach.


    @felissilvestris: Too big to fail...
     
  18. Werder-Bär

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    :tnx: Stimmt.


    Erst heute stand es in der Zeitung. Bayern hat am meisten Schulden aller Bundesländer gemacht. Ab nächstem Jahr muss Bayern noch tiefer in die Tasche greifen und rote Zahlen schreiben. Das Polster ist nämlich aufgebraucht.
    Quelle kann ich auf Nachfrage gerne posten.
     
  19. Und dafür wird eine Elbphilharmonie für hunderte Millionen Euro gebaut, die mittlerweile das dreifache der veranschlagten Kosten verschlingt. Für die zehnfache Summe wird der Stuttgarter Hbf unter die Erde verlegt. Was die Länder veranstalten, ist nicht nur hinsichtlich der Schulpolitik ganz großer Murks. In so manchem Aspekt wäre eine zentralistischere Politik durchaus wünschenswert.
     
  20. Werder-Bär

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    das hätte man sich auch vorher schon denken können. Aber überaschend für alle kostet es dann mehr.

    Zumindest was die Bildung angeht wäre ich für einheitliche Bildung.