„Das ist so überwältigend, du musst erstmal runterkommen“

REENA WICHMANN IM INTERVIEW VOR DEM NORDDERBY IM WESERSTADION

08.10.25 von Moritz Studer | 3 Min

Reena Wichmann stecht auf einer Treppe, im Hintergrund das Weserstadion.

Die große Bühne gehört den WERDERFRAUEN. Die Grün-Weißen werden am Samstag, 11.10.2025, um 17.45 Uhr vor einer Vereinsrekordkulisse im Weserstadion das erste Nordderby der Frauen in der Google Pixel Frauen-Bundesliga gegen den Hamburger SV austragen. Mittelfeldspielerin Reena Wichmann ist in Bremen aufgewachsen und hat die Entwicklung des Frauenfußballs am Osterdeich miterlebt. Im WERDER.DE-Interview spricht die 27-Jährige über einmalige Erinnerungen, das Überwältigende dieser Erfahrung und die Rivalität mit den Rothosen.

WERDER.DE: Moin Reena, jede Fußballerin hat als Kind, einen Traum vor Augen. Ein Frauenspiel im Weserstadion war damals utopisch. Wovon hast du stattdessen geträumt?

Reena Wichmann: Das ist eine gute Frage. Nach dem ersten Spiel gegen Freiburg war es wie ein Traum, der im Nachhinein in Erfüllung gegangen ist. Aber irgendwie war es auch gar nicht möglich davon zu träumen, weil es eben so weit weg und einfach nicht vorstellbar war.

WERDER.DE: Als Bremerin bekommst du Woche für Woche mit, dass die halbe Stadt auf den Beinen ist, wenn Werder spielt. Nun findet dieser Aufruhr schon zum vierten Mal bei einem eurer Spiele statt.  

Reena Wichmann: In Bremen merkst du in der ganzen Stadt, wenn Werder spielt – auch weil das Stadion sehr zentral gelegen ist. Wenn wir zwei Stunden vor dem Spiel zum Weserstadion fahren, siehst du überall nur noch grün-weiß. Als Nina Lührßen (Anm. d. Red.: mittlerweile Eintracht Frankfurt) und ich zu einem der ersten Stadionspiele gefahren sind, haben wir alles gefilmt, als wir angekommen sind, weil schon so viele Leute da waren. Das ist für uns nicht normal.

Reena Wichmann sitzt auf einer Mauer vor dem Weserstadion.
Im Weserstadion hat Wichmann schon besondere Momente erlebt (Foto: WERDER.DE).

WERDER.DE: Euch Spielerinnen eint, dass eure Augen funkeln, wenn ihr von diesen Erlebnissen erzählt. Was war für dich der besonderste Moment?

Reena Wichmann: Das erste Mal im Stadion einlaufen. Wenn du spielst, musst du das Drumherum ausblenden. Es ist dann ein Fußballspiel, bei dem du dich nicht zu sehr anstecken lassen darfst. Davor kannst du aber alles genießen, wenn die Hymne läuft. Das war besonders für mich.

WERDER.DE: Das Nordderby ist eines der historischsten Duelle in Fußball-Deutschland. Welche Bedeutung hat diese Rivalität für dich?

Reena Wichmann: Wir hatten diese Rivalität bisher noch nicht, denn wir haben sehr viele Testspiele gegeneinander bestritten aber dieses direkte Duell gab es bis zum Pokalspiel noch nicht. Jetzt treffen wir zum ersten Mal in der Liga aufeinander, was für uns noch relativ neu ist. Auf den Rängen ist alles im Rahmen geblieben, sodass auch Familien ins Stadion gehen konnten, von daher ist es eine gute Rivalität.

WERDER.DE: Im vergangenen März habt ihr vielleicht einen der größten Erfolge der Vereinsgeschichte eingefahren, als ihr vor 57.000 Zuschauer*innen im Volksparkstadion das DFB-Pokalfinale erreicht habt. Kann die Rivalität mit dem HSV so besonders werden, wie es bei den Männern der Fall ist?

Reena Wichmann: Das wäre schön. Dann hast du dieses Spiel jedes Jahr zwei Mal und es ist für alle etwas Besonderes. Wenn der HSV in der Liga bleibt, spielen wir das Nordderby noch viel häufiger als zuvor.

Die WERDERFRAUEN jubeln vor der Gästekurve im Volkspark.
Im März zogen die WERDERFRAUEN im Volksparkstadion ins DFB-Pokalfinale ein (Foto: WERDER.DE).

WERDER.DE: Du spielst seit 2013 beim SV Werder und begleitest die Entwicklung des Frauenfußballs hier seit Jahren. Nicht nur zu Hause, sondern auch auswärts wächst der Support. Gab es überhaupt schon eine bessere Zeit, Bundesliga-Spielerin zu sein?

Reena Wichmann: Es ist schon eine gute Zeit, kann aber hoffentlich noch besser werden. Ich habe von vielen Leuten gehört, die ein Stadionspiel von uns besucht haben, dass sie dadurch dann auch auf Platz 11 gekommen sind. Diese Bühne ist also Werbung, auch das kleinere Stadion vollzumachen und ich hoffe, dass wir noch mehr davon begeistern werden.

WERDER.DE: Mit Fritzy Kromp habt ihr seit dieser Saison eine neue Cheftrainerin, die euch gerade im Anlaufverhalten sehr lautstark coacht. Wie groß wird die Herausforderung für euch, wenn diese Komponente im hoffentlich vollen Weserstadion entfällt?

Reena Wichmann: Ja, das ist eine Herausforderung. Als wir das erste Mal im Weserstadion trainiert haben, hat plötzlich keine mehr was gesagt, weil es schon im leeren Stadion überwältigend war und geschallt hat. Wir haben aber genug Spielerinnen, die die Situation kennen und sich daran gewöhnt haben. Wir müssen dann eben noch mehr kommunizieren und noch lauter schreien. Für Fritzy ist es neu, aber sie weiß mit Sicherheit, was sie erwartet.

WERDER.DE: Du hast das Stadionspiel gegen den 1. FC Köln (3:0) aufgrund eines Kreuzbandrisses verpasst und warst auch zuletzt wieder angeschlagen. Nun bist du pünktlich zum Nordderby zurück. Wie groß ist die Hoffnung, selbst auf dem Platz zu stehen?

Reena Wichmann: Um mit der Startelf einzulaufen, ist es vielleicht noch ein bisschen früh. Ich würde mich aber freuen, wenn ich ein paar Minuten mitwirken darf. Dieses Spiel ist immer besonders, weil einfach auch die Familie und viele Freunde mit dabei sind.

WERDER.DE: Ist es eigentlich schwer, sich nach diesen Highlight-Spielen wieder an die kleinere Kulisse zu gewöhnen?

Reena Wichmann: Das weiß ich gar nicht, ob das so ist. Der Tag nach dem HSV-Spiel im März war aber sehr komisch, weil so viele Einflüsse auch über Social Media auf dich einwirken. Das ist so überwältigend, dass du erstmal runterkommen musst.

WERDER.DE: Wir hoffen, dass Samstag die nächste überwältigende Erinnerung geschaffen wird. Vielen Dank für das Gespräch, Reena!

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